MusikWoche

Recorded & Publishing

"TikToks Entscheidung, sich von Merlin zu trennen, bringt unabhängige Labels mit ihren Acts in eine unmögliche Lage: Sie haben die Wahl, ob ihre Musik auf der Plattform verfügbar ist oder faire Lizenzbedingungen gewährleistet", sagt Zena White, Chair WIN. 

Und Noemí Planas, CEO WIN, Betont: "Merlin wurde von unabhängigen Musikunternehmen gegründet, um auf höchstem Niveau zu konkurrieren und sicherzustellen, dass sie auf die besten Konditionen zugreifen können. Die Entscheidung von TikTok birgt Risiken für die kulturelle Vielfalt, den Marktzugang und die faire Bezahlung von Unabhängigen. Aber hier geht es nicht nur um TikTok. Wir fordern politische Entscheidungsträger auf der ganzen Welt dringend auf, den Technologiesektor zu regulieren, um einen wirklich wettbewerbsorientierten Markt zu gewährleisten, in dem die Urheberrechte vor missbräuchlichem und monopolistischem Verhalten geschützt sind.“ 

TikTok widersetze sich weiterhin Forderungen aus der Branche, den bestehenden Value Gap zu schließen, die sich negativ auf die Fähigkeit der Unabhängigen auswirkte, ihre Musik und Rechte zu verteidigen. heißt es in einem WIN-Statement, in dem mehrere Indie-Organisationen zu dem Thema zu Wort kommen..

Den Anfang macht Jong-Gill Shin, Secretary General Record Label Industry Association of Korea (LIAK): "LIAK ist zutiefst besorgt über die aktuellen Umstände, die ein erhebliches Risiko für die Förderung der Diskriminierung kreativer Werke darstellen. Es ist zwingend erforderlich, dass jeder Musik, unabhängig davon, ob sie aus großen oder unabhängigen Sparten stammt, der gleiche Wert und die gleiche Anerkennung zukommt. Wir lehnen die jüngsten Versuche von TikTok, die unsere Bemühungen um die Durchsetzung gerechter Bedingungen zu untergraben drohen, entschieden ab. Im Einklang mit unseren WIN-Kollegen auf der ganzen Welt sind wir fest entschlossen, den inneren Wert unabhängiger Musik aufrechtzuerhalten und zu schützen.“ 

WIN weist darauf hin, dass US-President Joe Biden im April ein Gesetz unterzeichnet habe, das TikTok verbieten würde, sofern ByteDance seinen Anteil nicht innerhalb eines Jahres verkauft. Richard Burgess, CEO American Association of Independent Music (A2IM), kommentiert: "Die mangelnde Bereitschaft von TikTok, einen Lizenzvertrag mit Merlin auszuhandeln, ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass die Plattform alles in ihrer Macht Stehende tut, um eine faire Vergütung von Kreativen zu vermeiden. Jetzt brauchen wir mehr denn je den Kongress, um den Protect Working Musicians Act zu verabschieden und Musikern, Songwritern, unabhängigen Labels und Verlegern die Möglichkeit zu geben, gemeinsam auf dem Markt zu verhandeln."

Ähnliche Bedenken werden in Kanada geäußert, wo sich die Musikgemeinschaft aktiv am Regulierungsprozess rund um den Online Streaming Act beteiligt, der die Anforderungen des Rundfunks, in den kanadischen Musiksektor zu investieren, auf digitale Plattformen ausdehnt und auf zunehmenden Widerstand aus dem Technologiesektor stößt. "Durch die Umgehung lokaler Vorschriften und die Durchsetzung ungünstiger Bedingungen für Rechteinhaber schaffen Plattformen ein erhebliches Machtungleichgewicht", formuliert Gord Dimitrieff, Chair of Government Relations Canadian Independent Music Association (CIMA). "Es unterdrückt den Wettbewerb, verringert die kulturelle Vielfalt und schränkt die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher ein", führt Andrew Cash aus, President &  CEO CIMA. Die Entscheidung von TikTok  sollte "ein Weckruf für kanadische politische Entscheidungsträger und Politiker sein, die sich mit der Regulierung des Technologiesektors befassen".

"Aus brasilianischer Sicht könnte die Entscheidung von TikTok die Repräsentation unabhängiger Musik schwächen, die eine entscheidende Rolle bei der Förderung der kulturellen und regionalen Vielfalt spielt", erläutert Felippe Llerena, President Associação Brasileira da Música Independente (ABMI). "Ohne einen Tarifvertrag könnten kleine Labels größere Schwierigkeiten haben, individuell zu verhandeln, was sich negativ auf ihre Sichtbarkeit und Teilnahme auf einer so relevanten Plattform wie TikTok auswirkt." Die brasilianische Organisation lässt wissen, dass dieser Schritt nicht nur die Vielfalt der auf der Plattform verfügbaren Inhalte beeinträchtige, sondern auch, dass die Entscheidung aus kommerzieller und strategischer Sicht keinen Sinn ergebe. 

Bei der TikTok-Wertung liegt Brasilien mit 105,3 Millionen Usern an dritter Stelle, gefolgt von Mexiko mit 77,5 Millionen Nutzern, aber auch in anderen Märkten der Region werden Bedenken geäußert. "Es ist äußerst schädlich für den unabhängigen Sektor in Lateinamerika, dass TikTok diesen Druck ausübt, um Merlin zu umgehen", meint Francisca Sandoval, President Asociación Gremial Industria Musical Independiente de Chile (IMICHILE) . "Der eigentliche Zweck von Merlin besteht darin, eine gerechtere und gerechtere Vertretung aller zu gewährleisten, insbesondere in Regionen wie unserer, und wir stehen dazu. Am stärksten betroffen werden die kleineren Player sein, die nur wenige Optionen haben, und unsere größte Angst ist, dass sie am Ende mit den schlimmsten Bedingungen konfrontiert werden."

Auch die europäische Independent Music Companies Association (IMPALA) betont die Bedeutung kollektiver Vereinbarungen für Vielfalt und Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und weist darauf hin, dass es von entscheidender Bedeutung sei, "dass unabhängige Unternehmen und digitale Dienste zusammenarbeiten und Wege erkunden, um den Wert der Moment-Wirtschaft als Schlüsselelement des Musik-Ökosystems zu steigern, um Streaming-Umsätze zu maximieren. Wir glauben, dass es für TikTok am besten ist, mit Künstlern und Genres aus ganz Europa zusammenzuarbeiten und Labels die Möglichkeit gibt, im Rahmen eines Kollektivvertrags zusammenzuarbeiten", erklärt Dario Drastata, Chair IMPALA und Chair RUNDA Adria. 

Und Helen Smith, Executive Chair Impala, fügt an: "Wir respektieren die Wahlfreiheit im Unternehmertum. Das Wachstum des unabhängigen Sektors auf allen Plattformen ist von grundlegender Bedeutung, um Fans und Verbrauchern Auswahl und Vielfalt zu bieten – genau das, wofür TikTok steht. Der einfachste Weg, dies zu erreichen, ist Merlin. Wir laden TikTok ein, den Wert eines erneuerten Kollektivabkommens durch Merlin zu erkennen und beim Wachstum dieses wichtigen Teils des Ökosystems zusammenzuarbeiten. Wir hoffen, dass sich Effizienz und Auswahl für TikTok-User sowie Zugang für Kreative und Labels unabhängig von ihrem Land, Genre oder Erfolgsniveau und natürlich gemeinsame und standardisierte Bemühungen zur Betrugsbekämpfung durchsetzen werden, und freuen uns darauf, diesen wichtigen Teil des Netzwerks auszubauen Ökosystem."

Für Australien spricht Dylan Pellett, General Manager Independent Music New Zealand (IMNZ). "Wir sind äußerst beunruhigt über TikToks Entscheidung, den Verhandlungstisch mit Merlin zu verlassen, bevor überhaupt Gespräche über eine Lizenzverlängerung beginnen konnten. Als ob das nicht schon belastend genug wäre, hat TikTok seine Absicht bekundet, sich um Direktgeschäfte zu bemühen, und den Labels einen sehr, sehr kurzen Weg für die Unterzeichnung einer NDA geboten. Das wäre urkomisch, wenn es nicht so respektlos wäre und zeigt weiter, dass das Verhalten von TikTok die zuvor erklärte Unterstützung für weltweite unabhängige Rechteinhaber völlig untergräbt. IMNZ schließt sich unseren Landsleuten auf der ganzen Welt in der Hoffnung an, dass TikTok die richtige Entscheidung trifft – und mit Merlin auf kluge Weise den Weg zurück an die Lizenztabelle findet."

Widerstand gegen TikTok wächst weltweit