MusikWoche

Live

Wer in den 70er- und 80erJahren auf Plattencovern von Whitesnake oder Deep Purple das Kleingedruckte gelesen hat, der könnte sich vielleicht gewundert haben, dass da ein deutscher Name in den Credits auftaucht: "Thank you, Ossy Hoppe", heißt es da immer wieder. 

Der am 28. April 1950 als Oskar Hoppe geborene Sohn einer bekannten Zirkus-Familie hatte da schon eine beeindruckende Karriere hinter sich. Die Geschichte, wie das Zirkuskind vom jüngsten Elefantendompteur Europas (mit fünf Jahren) über ein jüdisches Fußballteam an der Seite von Marcel Avram und Marek Lieberberg (Anfang der 70er) und dann als Chauffeur von Marcel Avram aufstieg in die Top-Liga der Veranstalter, ist längst fester Bestandteil der Rock'n'Roll-Mythologie. Gleichwohl bleibt es eine faszinierende Geschichte, die in dieser Form heute kaum noch möglich wäre. Sie stammt aus einer Zeit für Pioniere, als Nachwuchskräfte für die Musikbranche noch nicht an Akademien ausgebildet wurden, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße, "on the road", wie die Engländer das Tourneeleben nennen. 

**Er wurde keine Corporate Manager**

Es war eine Zeit, als "der Veranstalter nur knapp über dem Zuhälter stand", wie das a.s.s.-Gründer Dieter Schubert einmal formuliert hat. Ossy Hoppe gehörte dann zu jener Generation von Live-Profis, die das Veranstalten von Konzerten, Tourneen und Festivals professionalisiert und es dabei auch zu einem Big Business gemacht haben, das heute gemessen an den Umsätzen vor dem Geschäft mit Recorded Music liegt. Dennoch ist aus Ossy Hoppe - und das zeichnet ihn bis heute aus - kein Corporate Manager geworden, was sich an seiner bewegten und an unvorhergesehenen Wendungen nicht gerade armen Karriere ablesen lässt. 

So kehrte er nach einer ersten, unglücklich verlaufenen Zeit unter dem DEAG-Dach mit seiner eigenen Firma Wizard Promotions (heute Wizard Live) 2013 nur unter der Bedingung zur DEAG zurück, dass er dort das Geschäft so betreiben kann, wie er das wollte - wenn denn die Zahlen stimmten, und das taten sie bei all den kleinen und großen Unternehmungen von Ossy Hoppe (fast) immer. Und obwohl er lieber hemdsärmlig und in Jeans auf einem Festivalgelände in Erscheinung tritt, den Rock'n'rRoll liebt und lebt, und wohl mehr wüst-wilde Backstage-Stories erzählen könnte, als sie in eine MusikWoche-Ausgabe passen, gehört zu seiner Erfolgsgeschichte eben auch, dass er die Dinge erledigt bekam - schneller und besser als die meisten.

**Dionysisch und apollinisch zugleich** 

Er wusste, was zu tun war, wie es zu tun war - und sorgte stets dafür, dass es dann auch getan wurde. Bei ihm vereinigen sich das Dionysische und das Apollinische zu einer perfekten Symbiose - wobei sich in seinem Fall, um bei der griechischen Mythologie zu bleiben, auch stets Kairos gehört: Ossy Hoppe war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dafür braucht man nur ein paar der Acts aufzuzählen, mit denen er im Laufe der Jahre gearbeitet hat: Deep Purple, Whitesnake, Rainbow, Ian Gillan, Iron Maiden, Kiss, Metallica, Ozzy Osbourne, Aerosmith, Bruce Springsteen, Bee Gees, AC/DC, Rolling Stones, Zucchero, Nena und die Böhsen Onkelz, für deren Comeback-Konzerte am Hockenheimring er 600.000 Tickets verkaufte. 

Auch mit der Familie hat der zweifache Großvater offenbar alles richtig gemacht. Sein Sohn Oliver Hoppe stieß 2012 zu Wizard und leitet die Agentur seit 2017 allein. "Er führt nun die Firma viel besser, als ich das jemals gekonnt hätte", sagte er vor Kurzem. Er selber hat sich den schönen Titel Chief Advisor A&R gegeben. Diese Rolle erfüllt er mit Bravour und lässt sich nicht nur zu großen Anlässen wie zuletzt am 2. Oktober 2024 zur Jubiläumsfeier zu 20 Jahren Wizard Live im Frankfurter Hauptquartier des Unternehmens blicken. Dabei hat Ossy Hoppe seinen Lebensmittelpunkt längst in der Provence in Südfrankreich gefunden, wo er ein Weingut betreibt. 

![Ihre Live-Karriere treibt er seit Jahrzehnten voran: Ossy Hoppe (3. von links) mit Iron Maiden. Foto: Wizard Live](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/2de1294d-65aa-4869-9fd1-4919e3aa6900.jpg)


Den Rock'n'Roller in ihm aber gibt er nicht frei. So veranstaltet er in dem Dorf regelmäßig ein kleines Rockfestival, bei dem dann auch schon einmal eine Original-Kiss-Gitarre an die Dorfjugend verlost wird. Und auch wenn in diesem Sommer Iron Maiden vom 15. bis 30. Juli sechsmal in den großen Stadien von Gelsenkirchen, Bremen, Stuttgart, Frankfurt und Berlin spielen, wird er wohl mal vorbeischauen, um mit Steve Harris, Bruce Dickinson und Co auf alte wie neue Zeiten anzustoßen, in denen er Rock'n'Roll-Geschichte geschrieben hat.

Er sitzt am Steuer des Rock'n'Roll - Ossy Hoppe zum 75.