MusikWoche

Recorded & Publishing

Bevor [Spotify](/company/spotify) am 5. Mai 2022 zum Podcast Summit All Ears nach Berlin lädt, sprach Saruul Krause-Jentsch, Head of Studios DACH Spotify, mit MusikWoche über die Entwicklung des Mediums und seine Rolle für den Streamingdienst.


MusikWoche: Spotify hat in den vergangenen Jahren massiv in den Podcast-Bereich investiert, und wurde dabei mit vielen Inhalten, aber auch personell ausgebaut. Was ist die Strategie dahinter?


Saruul Krause-Jentsch: Bei Spotify sind wir davon überzeugt, dass das Potenzial von Audio grenzenlos ist. Unser Ziel ist es, mit Musik und Podcasts der weltweit führende Audio-Browser zu werden und den Hörer*innen, Podcaster*innen und Künstler*innen das bestmögliche Audio-Erlebnis zu bieten. Podcasts spielen bei der Erreichung dieses Ziels eine große Rolle. Da der Markt der Podcaster*innen kontinuierlich wächst, glauben wir, dass die nächste Generation von Podcaster*innen das Format Audio weiterentwickeln wird, und wir möchten ihnen die Werkzeuge und Möglichkeiten an die Hand geben, die sie dafür benötigen.


MusikWoche: »Fest und Flauschig« mit Jan Böhmermann und Olli Schulz galt lange Zeit als der global erfolgreichste Podcast auf Spotify. Welche Bedeutung hat die deutsche Podcast-Szene im internationalen Vergleich?


Saruul Krause-Jentsch: Wir haben in Deutschland im Bereich Podcasts bei Spotify noch immer eine internationale Vorreiterrolle. Hörbücher und Hörspiele waren in Deutschland schon immer sehr beliebt, dies haben wir auch sehr früh in den Streaming-Daten der deutschen Hörer*innen bemerkt. »Fest & Flauschig« war 2016 der erste Spotify Exclusive Podcast und ist bis heute einer der erfolgreichsten deutschen Podcasts. Davon konnten wir international lernen. Im Mai 2021 wurde der deutschsprachige Spotify Original Podcast »Talk-o-mat« mit »Can we be friends?« als erstes Format für den US-Markt adaptiert.


Die meisten Märkte sind im Podcast-Bereich weniger weit als Deutschland, aber wir sind davon überzeugt, dass der Höhepunkt auch bei uns noch lange nicht erreicht ist. In unseren Podcast-Charts sehen wir jede Woche, dass mit gutem Storytelling oder einer neuen Persönlichkeit immer wieder neue Formate entstehen können.


MusikWoche: Der Podcast-Hype konnte in den vergangenen zwei Jahren, nicht zuletzt trotz oder wegen der Pandemie, noch mehr an Fahrt aufnehmen. Wie schätzen sie das weitere Wachstumspotenzial von Podcasts ein?


Saruul Krause-Jentsch: Wir glauben weiter an das Wachstum des Mediums und der Podcast-Branche. Verschiedene Studien, wie der Online Audio Monitor 2021, bestätigen diese Einschätzung und den Wachstumstrend von Podcasts. Um Creator*innen und Hörer*innen das bestmögliche Audio-Erlebnis bieten zu können, arbeiten wir kontinuierlich daran, uns auf technischer und inhaltlicher Ebene weiterzuentwickeln. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Zahl der Creator*innen weiter vervielfachen wird und daraus neue innovative Formate hervorgehen werden. Insbesondere bei der Diversität der Podcast-Landschaft sehen wir noch Potenzial für Weiterentwicklung. Mit gezielten Maßnahmen und Programmen wie »Sound Up« fördern wir diesen Bereich bereits. Wir möchten allen Podcaster*innen die Tools und Features zur Verfügung stellen, die sie für die bestmögliche Produktion und Distribution ihrer Formate benötigen, und ihnen zudem ermöglichen, ihre Inhalte erfolgreich zu monetarisieren.


MusikWoche: Gibt es hier noch mehr Potenzial für Werbetreibende, um Podcasts zu vermarkten?


Saruul Krause-Jentsch: Werbetreibenden bieten wir bei Spotify viele Möglichkeiten, ihre Marke im Podcast-Umfeld zu platzieren. Podcast Ads können bereits für eine breite Palette an Original- und Exclusive-Inhalten von Spotify Studios, The Ringer, Gimlet und Parcast gebucht werden. Mit unseren 30 deutschsprachigen Podcast-Formaten, die regelmäßig neue Episoden veröffentlichen, können wir derzeit über 55 Millionen Ads pro Monat anbieten.


Auch das Spotify Audience Network hat die Podcast-Monetarisierung für Publisher*innen, die sich für die Nutzung des Netzwerks entschieden haben, verbessert. Das Netzwerk verbindet Podcast-Produzent*innen und Podcaster*innen noch effizienter mit Werbetreibenden. Daraus ergeben sich Vorteile für beide Seiten: Die einen erreichen ihre Zielgruppen besser, im Gegenzug ermöglichen wir den anderen, mehr mit ihrer kreativen Arbeit zu verdienen. Für Werbungtreibende gibt es hier bereits über 75 Targeting Optionen bei Podcast Ads.


MusikWoche: Und wie entwickeln sich die Möglichkeiten für Podcast-Produzent*innen, ihre Inhalte auch zu monetarisieren?


Saruul Krause-Jentsch: Mit unseren Podcast-Creator*innen-Tools und -Angeboten, wie Megaphone, Spotify Open Access und Paid Podcast Subscription, bieten wir Podcaster*innen verschiedene Möglichkeiten, mit ihren Inhalten Geld zu verdienen. Wir befinden uns allerdings noch in den Anfängen einer langfristigen Entwicklung, wie Online-Audio monetarisiert werden kann. Wir glauben nicht, dass es eine einheitliche Lösung für die Monetarisierung von Podcasts gibt. Viel mehr wird es künftig sowohl werbefinanzierte Abonnements als auch individuelle Lösungen geben.


MusikWoche: Bei der Podcast-Konferenz All Ears finden auch viele Podcasts als Live-Formate statt. Werden wir in Zukunft noch mehr Podcasts auf der Bühne erleben?


Saruul Krause-Jentsch: Wir freuen uns sehr, dass die Teilnehmer*innen beim All Ears Podcast Summit beliebte Formate wie »Alles gesagt?« von Zeit Online oder »1000 erste Dates« live auf der Bühne erleben können. Ähnlich wie interaktive Features und neue Formate wie »Music + Talk« trägt auch Live-Audio als wegweisendes Mixed-Media-Erlebnis zur Weiterentwicklung des Mediums Podcast bei. Zudem ermöglicht es Künstler*innen und Podcaster*innen, auf tiefere und bedeutendere Weise mit ihren Fans in Kontakt zu treten. Wir glauben, dass Live-Audio in Zukunft eine leistungsfähige Ergänzung unseres On-Demand-Erlebnisses sein wird. Daher haben wir in diesem Monat nicht nur der »Greenroom«-App einen neuen Namen gegeben - »Spotify Live« - sondern das erweiterte Live-Audio-Erlebnis, neben der eigenständigen App, erstmalig auch in die Spotify App integriert. Hörer*innen können auf der Plattform zunächst über ausgewählte Podcast- oder Künstler*innenprofile an Live-Sessions teilnehmen. Wir werden das Angebot kontinuierlich ausbauen und erweitern.


MusikWoche: Im Januar hat Neil Young seine Musik bei Spotify entfernen lassen. Grund waren kontroverse Aussagen im Podcast von Joe Rogan. Wie hat Spotify darauf reagiert? Hat das die Debatte um eine Kontrolle der Inhalte auf der Plattform neu beflügelt?


Saruul Krause-Jentsch: Anlässlich dieser Debatte haben unsere Teams viele Gespräche geführt. Wir haben zugehört und viel dazu gelernt. Diesen Prozess wollen wir auch weiterhin fortsetzen. Unsere bereits bestehenden, klaren Content-Richtlinien für Inhalte, die auf Spotify erlaubt sind, haben wir noch deutlicher kommuniziert. Zudem haben wir unsere »Plattform- Regeln« erweitert. Inhalte, die die Corona-Pandemie betreffen, sind jetzt mit einem entsprechenden Hinweis gekennzeichnet, und Verweise auf Zusatzinformationen wurden ergänzt. Unser Ziel ist es, alles zu tun, um in Zukunft noch besser auf unsere Hörer*innen und Creator*innen eingehen zu können und ihnen eine Plattform zu bieten, die gemeinsame Audio-Erlebnisse schafft.


Interview: Jonas Kiss


___zur Person


Seit April 2020 verantwortet Saruul Krause-Jentsch als Head of Studios DACH den Bereich Podcasts bei Spotify. Die Aufgaben des von ihr geleiteten Teams umfassen die Auswahl, Produktion und redaktionelle Betreuung der deutschsprachigen Spotify Original und Exclusive Podcasts sowie den Austausch mit Podcaster*innen und Partner*innen. Krause-Jentsch startete im September 2019 als Managerin Strategy and Operations bei Spotify. Vor ihrer Zeit bei Spotify war sie unter anderem als Digital Business Strategist für mehrere Magazintitel bei Condé Nast Publishing sowie als Director im Bertelsmann Corporate Network bei der Bertelsmann SE & CO. KGaA tätig. Zuletzt unterstützte sie als selbstständige Beraterin im Bereich Audio Strategy und Podcasting eine Vielzahl von Unternehmen bei der Entwicklung eigener Podcast-Strategien.


___All Ears


Am 5. Mai veranstaltet Spotify in den Berliner Wilhelm Hallen unter dem Motto »All Ears« einen Podcast-Gipfel, der nach fünf Digitalausgaben nun erstmal als Präsenzveranstaltung stattfindet. Der Streamingdienst versammelt an dem Tag auf insgesamt drei Bühnen nationale und internationale Podcast-Größen für Panels, Keynotes, Vorträge, Interviews und Live-Podcasts. Dabei soll es um Themen wie die Produktion täglicher Podcasts, Brand Building, Artwork Creation, Vermarktung und Branded Podcasts gehen. Angekündigt als Speaker:innen haben sich unter anderem Sarah Koenig (Host und Produzentin des Podcasts »Serial«), Dawn Ostroff (Chief Content & Advertising Business Officer Spotify), Ann-Katrin Schmitz (Beraterin und Host des Podcasts »Baby got Business«) und Norbert Grundei (Head of Audio Strategy NDR)...

Saruul Krause-Jentsch glaubt an das Wachstum von Podcasts