MusikWoche

Artists

### Mia Diekow

**Berichten Sie, was hinter den Tracks steckt, mit denen Sie sich beworben haben?**

"OK" und "Brief an den Vater" sind Songs meines lange wegen Krankheit verschollenen Albums "Ich habe mich getroffen" (2024), und "Pfeile gegen die Sonne" stammt vom Vorgänger "Ärger im Paradies" (2018). Gemein ist allen Songs ein thematischer roter Faden der Emanzipation von Verhältnissen, Beziehungen und Strukturen, die mich beengt oder geschwächt haben. Die drei Stücke illustrieren das von mir geliebte Spiel, Genres zu überwinden, um dunkelbunte und irrisierende Klangwelten zutage zu fördern.

**Was war Ihre Motivation, beim F*PP mitzumachen?**

So einen Preis und die damit verbundene Sichtbarmachung von Musik produzierenden FLINTA hätte es schon vor Jahren gebraucht. Als ich 2023 davon erfuhr, wollte ich mich unbedingt bewerben. Bevor ich 2020 an ME/CFS erkrankte und berufsunfähig wurde, war mein Plan, noch mehr Mentoring in diesem Bereich anzubieten, mehr FLINTA-Artists zu produzieren und sie zu empowern, es selbst anzugehen. Ich wollte mein Wissen und meine Geschichte nutzen, um andere mitzureißen.

**Was war Ihr bisher spannendstes Projekt/Kollaboration?**

Die Zusammenarbeit mit Zeina Azouquah und dem Deutschen Flimorchester Babelsberg für meine Songs "Brief an den Vater" und "Der Mensch für Mich", meine Übersetzung des Gershwin-Klassikers "The Man I Love".

**Wie können Frauen in der Musik künftig sonst noch gefördert werden?**

Zunächst, indem wir ihnen Jobs vermitteln und anfangen, ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Wir brauchen Kunst von Frauen und FLINTA-Personen, sonst hören wir nur einen Bruchteil der Perspektiven und der in Menschen schlummernden Sounds. Und wir dürfen nicht vergessen, hier intersektionell zu denken und nicht bei cis-Frau/weiß/abled-bodied stecken bleiben.

**Was würden Sie machen, wenn Sie eine Sache im Kosmos des Musikproduzierens ändern dürften?**

Das Märchen eliminieren, das Frauen und FLINTA nichts von Technik, Songwriting, Rock'n'Roll etc. verstehen oder keine "echten" Sound-Nerds sind. Sie brauchen Zugang zu Gear, zu Budgets und zu Räumen, in denen sie sich frei von Vorurteilen entfalten und ausprobieren können. Sie brauchen keine Häme, sondern einen gestärkten Rücken, um den jahrtausendealten Sexismus und das Imposter-Syndrom abzuschütteln. Sie müssen Subjekt werden und kein Objekt bleiben.

**Wie sehen Ihre nächsten Ziele aus?**

Ich konzentriere mich seit meiner 2020 durch COVID ausgelösten chronischen ME/CFS- und POTS-Erkrankungen vor allem auf gesundheitspolitische Lobbyarbeit und Aktivismus für post-infektiöse Erkrankungen. Wegen des massiven Forschungsrückstands und der jahrzehntelangen Ignoranz von Politik und Medizin haben wir heute menschenunwürdige Bedingungen, unter denen Betroffene schwer leiden. Das will ich mit meiner verbleibenden Kraft ändern und habe deswegen mit anderen Betroffenen Long COVID Deutschland gegründet. Die Musik muss warten, bis ich wieder gesünder bin, denn mein Gehirn und Körper kann aktuell nicht mehr das leisten, was für Musikproduktion auf meinem Niveau nötig ist.

**Was würden Sie gerne mal die Musikbranche fragen?**

Auweia, damit könnte ich ein Buch füllen. Wo sind die bezahlt(!) produzierenden queeren FLINTA, wo Personen mit Behinderungen, BIPoC-Perspektiven in der Musikproduktion? Wo sind die Safe Spaces, in denen FLINTA-Artists arbeiten können, ohne Ängste? Wo ist #musicmetoo in Zeiten, wo wir um strukturellen Machtmissbrauch und Mysogynie, Queerfeindlichkeit in allen Ecken der Musikbranche wissen, nicht erst seit dem Rammstein-Skandal? Was tut ihr, um eure Kolleg:innen in allen Bereichen der Branche solidarisch zu unterstützen und zu schützen? 

- Künstlername/Name: Mia Diekow
- Standort: Berlin/Brandenburg/­Hamburg
- Kontakt: contact@miadiekow.com

MusikWoche stellt vor: Mia Diekow, Gewinnerin* des Female* Producer Prize 2024

Mia Diekow

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